KARTENFESTIVAL AN DER OBERSBURG
Fotos/Text: Ernst Siepmann
Auetal. Wie soll man den Bericht beginnen? „SC Auetal und SG Bad Nenndorf-Riehe trennen sich 2:2“, das liest sich langweilig. Der Leser könnte in Versuchung kommen, dann schnell zum nächsten Text zu klicken. „Vier Tore, vier Platzverweise, Prügel und Tumulte in der Nachspielzeit“ klingt sensationsheischend. Manch einer schaut dann unters Handy oder seinen Monitor, ob Blut heraustropft. Die Wahrheit liegt wie immer in der Mitte. Das Spiel war interessant bei einer souveränen Führung für die Gäste. Bis kurz vor Schluss der SC Auetal die kämpferischen Tugenden in Tore ummünzte und bei einigen Akteuren die Sicherungen durchbrannten.
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Wäre es ein Theaterstück, ließe sich dies Spiel in vier Akte unterteilen. Im ersten, der nur fünf Minuten dauerte, brannte der SC Auetal ein Feuerwerk der Offensive ab. Kam zu vier Eckbällen, aber so richtig wurde Schlussmann Romek Oltrogge nicht geprüft. Dass der zweitbeste Torschütze aus Bad Nenndorf-Riehe plötzlich im Kasten stand, ist einem unglücklichen Zufall geschuldet. Stammtorwart Fabian Figge meldete sich am Morgen mit einer Magenverstimmung krank. Ersatzmann Lennart Maier befindet sich im Urlaub in New York. Ihn einzufliegen hätte sowohl den Zeitrahmen wie auch den Geldbeutel gesprengt. Also rückte Oltrogge ins Tor. „Im Training hat er sporadisch hier Erfahrungen gesammelt“, erklärte Betreuer Jörn Wahler. „Unser größtes Problem war, dass wir für ihn kurzfristig noch Torwarthandschuhe auftreiben mussten“.
Offenbar wurden von vielen Diskussionsbeiträge geleistet, SCA-Trainer Thomas Reh war nicht erfreut.
Im zweiten Akt des Spiels, dem längsten bis zur 85. Minute, dominierten die Gäste aus der Gesundheitsregion. Geschickt verstand es die SG-Abwehr den SC Auetal vom Tor fernzuhalten. Schlussmann Oltrogge konnte gemütlich den Aktionen seiner Vorderleute zuschauen. „Dem SCA fehlten die spielerischen Mittel, um Druck aus dem Mittelfeld aufzubauen. Keine Torchance; das sagt alles“, lautete das vernichtende Halbzeit-Fazit von Dirk Wente. Der Stammbesucher kann’s beurteilen, schnürte er doch selbst 25 Jahren für den TuS Rehren A/O die Fußballschuhe. Mit Wohlwollen darf man den Männern von der Aue eine Halbchance zubilligen, als eine Bogenlampe von Jan Köhler sich hinter die Latte senkte (41.).
Für die Aktionen sorgte hingegen die SG Bad Nenndorf-Riehe. Zweimal Ylli Syla, zweimal Elfmeter lautete die Bilanz bis kurz vor Spielende. Der routinierte Stürmer traf in der 18. und 58. Minute. Auf dem Weg zum Tor zirkelte Syla die Kugel geschickt über den herauseilenden Torwart Marco Großardt in die Maschen. Doch Großardt ist kein Schlechter, denn bei den Elfmeterschüssen von Delil Sincar blieb er Sieger (41.+56.). „Elfmeter können wir nicht“, stöhnten die mitgereisten Schlachtenbummler aus der Kurstadt. „Die letzten fünf wurden verschossen. Als der davor ins Tor ging, geschah das erst im Nachschuss“. Wir wollen diese Äußerung so stehen lassen, denn Schaumburg-Sport fehlt die Statistik, um solches zu bestätigen.
Der dritte Akt bedeutete den Höhepunkt des „Dramas von der Obersburg“. Gastgeber Auetal besann sich seiner Kämpferqualitäten. Nach einem Einwurf leitete Philip Dunkley den Ball auf Tim Neermann weiter. Der traf mit einem Aufsetzer zum 1:2 (85.). Danach häuften sich die Ruppigkeiten. Als Tobias Feldmann nach Foul von Sascha Derr verletzt am Boden lag, spielte die SG weiter, statt wie sonst üblich den Ball ins Aus zu schießen. Spielertrainer Derr, bereits verwarnt, sah für dies Foul gelb-rot. Der SC Auetal antwortete auf sportlichem Gebiet. Über die Stationen Tim Neermann/Samer Mahmo landete der Ball bei Philip Dunkley, der flach ins Eck das 2:2 erzielte (90.). Das war für einige SG-Akteure zu viel. Statt des verdienten Sieges schmolz der Erfolg dahin. Hakan Cuha räumte auf dem Weg zum Wiederanstoß Tim Neermann weg. Dafür gab es glatt Rot (90.).
Es folgten Tumulte an der Seitenlinie. Die Unparteiischen standen nahe dabei. Nach Faustkampf-Vorführungen vom Auetaler Ersatztorhüter Niklas Dohm und Doppeltorschützen Ylli Syla, der bereits ausgewechselt war, blickten beide aufs rote Kartonpapier. Schiedsrichter Jonah Krowiorz meisterte die Lage souverän, bestrafte die Übeltäter und ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
Den letzten Akt des Dramas darf man als „Rückkehr zu Sportlichem“ bezeichnen. Nur noch zu Neunt bemühte sich die SG, dass in der Nachspielzeit von acht Minuten nicht noch mehr Unheil einbrach. Der SC Auetal suchte in Überzahl natürlich den finalen Torschuss. Fast wäre noch der Sieg geglückt. Aber ein Philip-Dunkley-Schuss, nach Pass von Jonas Winkler, klatschte an den Pfosten (96.). Winkler selbst bot sich die letzte Torchance. Doch Romek Oltrogge, der „Torhüter für einen Tag“, sah darin kein Problem und hielt (98.).
Nach dem Schlusspfiff war von den Spielern der SG Bad Nenndorf-Riehe kein Kommentar zu bekommen. Beim SC Auetal hingegen überwog die Freude, dass durch die engagierte Schlussphase es noch zu einem Zähler reichte. „Statt 0:2 hätten wir auch 0:4 schon hinten liegen können“, erinnerte Marcel Diedler, Sportlicher Leiter beim SCA, an die Dominanz der Gäste, die als Tabellenführer ins Spiel gegangen waren. Im wöchentlichen Spitzenreiter-Roulette liegt nun der TuS Jahn Lindhorst vorne. Doch die Liga steht hochgradig ausgeglichen. Schon morgen (Dienstag, 19.30 Uhr, Sportplatz Haste) kann sich die SG aus der Kurstadt bei einem Sieg in Haste wieder an die Spitze setzen. Die Startaufstellung wird dann etwas anders aussehen.
SC Auetal: Großardt – Friedrichs (71. Hauser), Rauhut (63. Winkelhake), Feldmann, Steinsiek - Meyer, Guire – Wagner (35. Winkler) – Köhler (71. Mahmo), Dunkley, Neermann
SG Bad Nenndorf-Riehe: Oltrogge - Cuha, Jürgens, Liebchen, Evers – Muriel, Derr, Maione – Sincar (74. Held), Syla (82. Schönen), Bövers (59. Rosow)
Schiedsrichter: Jonah Krowiorz (TSV Hagenburg)
Tore: 0:1 (18.) Syla, 0:2 (58.) Syla, 1:2 (85.) Neermann, 2:2 (90.) Dunkley
Besonderes Vorkommnisse:
Delil Sincar scheitert mit Foulelfmetern an Marco Großardt (41.+68.)
Gelb-Rote Karte: Sascha Derr (90./BNR)
Rote Karten: Hakan Cuha (90./BNR), Niklas Dohm (93./SCA), Ylli Syla (93./BNR)