SG RODENBERG VERPASST SPRUNG AUF PLATZ ZWEI
FOTOS/TEXT: ERNST SIEPMANN
Algesdorf. Sensation in Algesdorf! Der Berichteschreiber musste seinen vorgefertigten Zettel wegwerfen. „SC Rodenberg erreicht den Aufstiegsplatz“, sollte die Schlagzeile lauten. Denn am Sieger gab es keinen Zweifel. Hier Gastgeber TSV Algesdorf II, die letzte acht Spiele verloren. Dort die SG Rodenberg, neun Siege aus den letzten zehn Begegnungen. Ein Erfolg gegen den Drittletzten der Liga, und Rodenberg wäre am SV Nienstädt 09 vorbeigezogen. Mit besten Chancen auf den Aufstieg. Hätte, wäre, war es aber nicht! Statt einer einseitigen Partei bot sich ein Kampf auf Augenhöhe, bei der beide Mannschaften die Siegchance hatten. Der TSV Algesdorf II besann sich des Derbycharakters, war mental stark präsent und siegte 2:1 (2:0).
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„Nimm einen großen Zettel mit!“ hatte Martin Steege, der Pressesprecher des TSV, empfohlen. Der Berichteschreiber dachte an die vielen Gegentore, die Gastgeber TSV II zuletzt schlucken musste. Am Sonntag gab’s ein 0:8 in Nienstädt. Im letzten Herbst ein 0:10 in Möllenbeck und 0:14 in Apelern. Doch davon will in Algesdorf ja niemand etwas lesen. Ist Schnee von gestern. Und auch das Schicksal einer 2. Mannschaft, dass sie in ständig wechselnder Aufstellung antritt. Doch diesmal waren alle da. Es ist das Derby! Da springen Tote aus den Gräbern und legen Werktätige den Schichtplan um. Wird selbst die Freundin hinten angestellt. „Die haben sich auf Rodenberg gefreut“, urteilte Christian Vaas, Trainer des Gegners SGR.“ „Für sie ist es das Größte in der Saison, egal wo diese Mannschaft steht. Sie wollen nur gegen Rodenberg gewinnen, haben das Derby angenommen. Wir waren in der 1. Halbzeit nicht so wach.“
Dennoch boten sich der SG Rodenberg die ersten Chancen. Fabian Golombek ans Außennetz (16.) Jan Schuseil nach Einwurf frei vor dem Tor (19.), doch TSV-II-Schlussmann Marius Behet erwies sich als der beste Mann des Spiels. Für den neutralen Zuschauer, der den Sieger vor dem Anpfiff bereits ausgeguckt hatte, schien alles seinen Lauf zu nehmen. Dann plötzlich, welche Überraschung, die erste Chance für den TSV Algesdorf II. Und welche! Patrick Langhorst, von Malte Wille in die Spitze geschickt, lässt SG-Torwart Niclas Herbold keine Chance. Der Underdog führt 1:0 (21.).
Dass auch Wille Wille zur Resultatsverbesserung mitbrachte, zeigten die nächsten Szenen. Malte Wille versuchte es von halbrechts mit seinem schwachen Fuß, doch kein Problem für Torwart Herbold (32.), die SG Rodenberg antwortete mit einem Pass von Torben Sieg auf Jan Schuseil. Der Schuss touchierte das Außennetz (37.). Anschließend prüfte Kamil Antonyk Torwart Herbold (40.) und gab bereits dem Ball die Richtung vor, in die dieser zu fliegen hatte. Dann war es aus TSV-Sicht so weit. Mit toller Einzelleistung aus spitzem Winkel markierte Malte Wille das 2:0 (42.). Zwei dicke Chancen folgten noch vor der Pause. Antonyk prüfte Herbold (43.). Im Gegenzug zwang Schuseil TSV-Torhüter Marius Behet zur Glanzparade.
Würde das Spiel nach Wiederanpfiff kippen und der Favorit aus Rodenberg nun einen Zahn zulegen? Tatsächlich boten beide Mannschaften höchste Unterhaltung mit Chancen hüben wie drüben. Doch ein Strafstoß musste für das einzige Tor in diesem Spielabschnitt herhalten. Als Moritz Kruckenberg die Kugel an die Hand sprang (54.), pfiff Schiedsrichter Jonah Krowiorz Elfmeter. Eine harte Entscheidung. Fabian Golombek verwandelte routiniert zum 2:1 (54.). Das Spiel war wieder offen! Es folgten Chancen auf beiden Seiten, wobei die SG Rodenberg oftmals an Torwart Behet scheiterte. Doch auch SGR-Torhüter Niclas Herbold, ein Mann mit Algesdorf-Vergangenheit, bot eine starke Leistung, machte die Algesdorfer Konter in der Schlussphase zunichte. Vielleicht wäre das Spiel doch noch gekippt, hätte Schiedsrichter Krowiorz in der 90. Minute erneut Elfmeter gepfiffen. Wieder ein Handspiel (oder auch nicht?) im Algesdorfer Strafraum. Der Pfiff blieb aus, der Gast aus Rodenberg versank in Ärger.
Fragen wir die Trainer, wie sie dies Spiel gesehen haben. Lukas Willann (TSV Algesdorf II) erfuhr am Morgen erst von dieser Aufgabe. Der 24-Jährige ist eigentlich Spieler der ersten Mannschaft. Da Trainer „Matze“ Strothmann kurzzeitig erkrankte und Willann sowieso die A-Jugend trainiert, erging der Ruf an ihn. „Beim Training der Bezirksligamannschaft habe ich heute etwas früher aufgehört und die Jungs fürs Spiel gegen Rodenberg noch einmal heiß gemacht. Tatsächlich rechnete ich mit dem Erfolg und hatte schon am Morgen ein gutes Gefühl. Wir waren ja der klare Außenseiter. Meine Spieler haben 95 Minuten alles dafür gegeben, um dieses Ding hier heute zugewinnen. Bockstark, wie wir in der 2. Halbzeit dagegenhielten, vorne gleich draufgingen, so dass die Abwehr immer wieder mal durchatmen konnte. Heute war es eine Mannschaftsleistung vom feinsten. Drei wichtige Punkte für den Klassenerhalt! Für uns sieht es sehr gut aus.“
SG-Rodenberg-Trainer Christian Vaas trug den verpassten Sprung zum Aufstiegsplatz mit Fassung. „Wir haben die 1. Halbzeit verschlafen, den Kampf nicht so angenommen wie Algesdorf. Nach der Halbzeit stellten wir um, waren aggressiver und wussten, dass die Möglichkeit zu Sieg sich bietet. Ich war der Überzeugung, dass wir noch mit 3:2 gewinnen. Das Potential ist da, um so ein Spiel zu drehen. Das haben wir oft gezeigt. Aber es war auch Pech dabei. Vielleicht hätte es in der Schlussphase Elfmeter geben können, als alle sagten „Wir haben es klatschen gehört!“. Aber der Schiri hat es wohl anders gesehen. Ich kann der Mannschaft keinen Vorwurf machen. In der 2. Halbzeit war alles da, wie wir uns das vorstellten.“
Wären wir im Wilden Westen, würde der TSV Algesdorf nun eine zweite Kerbe in den Colt schnitzen. Denn schon im Hinspiel siegte der TSV II mit 4:1, damals in Rodenberg. Jetzt wiederum gewonnen, mit 2:1. Ach, würde diese 1. Kreisklasse doch nur aus Algesdorf und Rodenberg bestehen! Der TSV II wäre Dauermeister! Verlassen wir die Hirngespinste und kehren in die Wirklichkeit zurück. Sonntag kommt ein waschechter Spitzenreiter. die SC Deckbergen-Schaumburg zum TSV-Sportplatz. Die SC aus der Urheimat der Schaumburger liegt drei Punkte vor dem SV Nienstädt 09, sechs Punkte vor der SG Rodenberg und (huch!) 39 Zähler vor dem TSV Algesdorf II. Dennoch dürfte den Gast ein mulmiges Gefühl beschleichen. Denn am gestrigen Donnertag setzte der TSV II ein dickes Ausrufezeichen starker Leistung. Gelingt so etwas nur gegen die SG Rodenberg oder auch gegen „normale“ Opfer?
TSV Algesdorf II: Marius Behet – Moritz Kruckenberg (59. Klaus Günther), Alexander Dierkes, Henning Reese – Arne Bruns (90. Björn Vogt), Kamil Antonyk (64. Arne Schwedhelm), Jonas Gerdts, Lukas Bartels, Tim Wieggrebe – Patrick Langhorst (75. Steven Schubert, 90. Marcel Haaf), Malte Wille // Trainer: Lukas Willann
SG Rodenberg: Niclas Herbold – Erik Hoffmann (78. Niclas Gretkiewicz), Christian Gärtner, Thomas Franke, Kevin Kristkowitz (46. Kevin Kainka) – Torben Sieg – Stephan Steep, Sebastian Steep, Fabian Golomek – Jan Schuseil, Jonas Ludewig // Trainer: Christian Vaas
Schiedsrichter: Jonah Krowiorz (TSV Hagenburg)
SR-Assistenten: Jens Krowiorz + Kevin Kleinebeck (beide TSV Hagenburg)
Tore: 1:0 Langhorst (21.), 2:0 Wille (42.), 2:1 Golombek (54./Handelfmeter)
Zuschauer: 101